Flottmann-Hallen

Straße des Bohrhammers 5
44625 Herne

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Flottmann-Hallen

Eine kleine Epoche lang war Herne vor allem unter einem Begriff bekannt: als "Stadt der Bohrhämmer". Zweitnamen und Bekanntheit verdankte Herne vor dem Zweiten Weltkrieg dem Unternehmer Heinrich Flottmann, der aus Schlägel und Eisen eine einzige Maschine konstruierte - ein wichtiger Schritt für die Modernisierung des Bergbaus.

Heute bestimmen andere Schwerpunkte das Leben in der Emscherstadt. Die Flottmann-Hallen an der Flottmannstraße gehören noch immer dazu - doch längst nicht mehr als industrielle Arbeitsstätte. Heute kennt die Region die Flottmann-Hallen als kulturelles Zentrum, in dem zeitgenössische bildende Künstlerinnen und Künstler viel Raum und Licht für Bilder und Skulpturen finden, bekannte Kabarettisten und Comedians Station machen, Neuer Zirkus, Figurentheater oder moderner Tanz aufgeführt wird, wo mal zeitgenössische, mal populäre Musik zu hören und vielfältige Einblicke in die freie Theaterlandschaft möglich sind. Heute tagen in den Flottmann-Hallen Menschen, die sich mit aktuellen politischen und künstlerischen Fragen auseinandersetzen, machen Kinder Bekanntschaft mit dem Abenteuer Kunst.

Das einzige, das 1902 schon ebenso für diesen Standort galt wie heute, ist seine günstige Verkehrslage. Ein Grund für Heinrich Flottmann nach Herne umzusiedeln, als sein Bochumer Werk durch einen Brand vernichtet wird. Zweites Plus für Herne ist der große Flächenvorrat, den Flottmann im Laufe der Jahre auch ausnutzen wird. Doch 1902 umgibt die Stelle, an der die Bestandteile der Firma mit Pferdefuhrwerken angekarrt werden, noch freies Feld. Hier können die 30 Arbeiter, mit denen der Betrieb aufgenommen wird, so viel Lärm machen wie sie wollen, denn in ihrer Nähe führt nur ein einsamer Feldweg zur Bahnlinie entlang. Doch schon bald wird es hier höchst lebendig zugehen, werden sich nur diejenigen "Flottmänner" nennen dürfen, die "in der Arbeit voll auf der Höhe" sind. 1908 entwerfen die Architekten Schmidtmann und Klemp jene Schmiede, Schlosserei, Ausstellungs-und Versandhalle, die 75 Jahre später als "bedeutende Anlage für das Ruhrrevier" eingestuft werden sollen, die "wichtige Rückschlüsse für die Geschichte der Arbeits- und Produktionsverhältnisse um 1910 zulassen". Zu dieser Zeit werden die hellen, luftigen Räume als fortschrittlich betrachtet, fortschrittlich wie die Zeitspanne, in der die Flottmänner täglich arbeiten: Es sind neun statt der üblichen zwölf Stunden. In den zwanziger Jahren wird Heinrich Flottmann wegen "großer Verdienste um die Entwicklung der bergmännischen Bohr- und Gewinnungstechnik" zum "Doktor-Ingenieur ehrenhalber" ernannt. Und stolz feiert das Unternehmen die Produktion des 100.000sten Bohrhammers: Nebeneinandergelegt würden die Abbaugeräte die Strecke von Herne nach Bochum und zurück überbrücken. Und der Erfolg setzt sich fort, denn innerhalb von 20 Jahren erhöht sich der Anteil der maschinellen Kohleförderung im Revier bis 1932 von 2 auf 97 Prozent. Mitte der dreißiger Jahre avanciert Flottmann zum Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu Bochum, lässt eine neue, dreischiffige Werkshalle errichten, weit über 1000 Arbeiter in Tag- und Nachtschichten produzieren und sie in Firmennähe ansiedeln.

Doch der Zweite Weltkrieg, der die Produktion noch angeheizt hatte, lässt schließlich auch das Herner Unternehmen nicht unverschont: Kurz vor Kriegsende, ein Jahr nach dem Tod Heinrich Flottmanns, fallen Bomben auf das Werksgelände und obwohl kaum etwas zerstört wird, kommt die Produktion fast völlig zum Erliegen. Nach der deutschen Kapitulation kann die drohende Werksdemontage abgewendet werden - und die Flottmannwerke stehen vor der Aufgabe, sich auf die freie Marktwirtschaft umzustellen. Handelsbeziehungen, Produktionsstätten und Maschinen müssen erneuert werden. Das Unternehmen erweitert sein Programm um Kompressor- und Druckluftprodukte - und die umliegende Siedlung um weitere Häuser. 1983 ziehen die Flottmannwerke an die Baukauer Straße um. Die alten Werksgebäude werden abgerissen, nur Ausstellungs- und Versandhalle, Schmiede und Schlosserei bleiben stehen: Das Landesdenkmalamt befindet sie für denkmalschutzwürdig. Die Stadt findet die traditionsvollen und in der Region nahezu einmaligen Jugendstilbauten zwar auch schön, kann sich aber aus Angst vor Folgekosten nicht recht dazu durchringen, sie aktiv zu erhalten. Der Abbruch ist bereits genehmigt, die Bagger vorgefahren, als sie in letzter Sekunde von hoher Stelle aus gestoppt werden: Stadtentwicklungsminister Zöpel pocht auf den Denkmalschutz - und leistet einen willkommenen finanziellen Beitrag zu dessen Durchsetzung.

Im Sommer 1985 entschließt sich der Rat der Stadt Herne, das Baudenkmal künftig als öffentliche Freizeit- und Erholungsanlage zu nutzen. Und im Oktober 1986 ist es soweit: Mit einem großen Fest halten Kunst, Theater, Musik und Sport Einzug in die Flottmann-Hallen. Die Verkehrsverbindungen sind, wie gesagt, noch immer günstig, um einiges besser sogar als 1902. Und sie werden genutzt. Womit die Stadt Herne die Menschen nun in die Flottmann-Hallen lockt, verrät unsere Homepage.

Quelle: © 2019 Flottmann-Hallen
Foto: © 2019 Flottmann-Hallen